Unimog-Pionier Manfred Florus wäre 100 Jahre alt geworden
Manfred Florus anläßlich seines 90. Geburtstag 2014. – Manfred Florus on the occasion of his 90th birthday in 2014. Foto: Michael Wessel
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Unimog-Pionier Manfred Florus wäre 100 Jahre alt geworden
Ein glücklicher Zufall wollte es, dass Manfred Florus 1949 nach einem enttäuschend verlaufenen Bewerbungsgespräch bei der Württembergischen Warenzentrale in Göppingen an der früheren Werkzeugmaschinenfabrik der Gebrüder Boehringer vorbeikam und auf einem Schild las: „Arbeitskräfte für den UNIMOG gesucht!“ – Dazu erinnerte er sich später weiter: „Ich betrachtete das Schild und überlegte: Boehringer war damals in Göppingen durchaus ein Begriff und mit seinen etwa 900 Mitarbeitern eine recht große Firma – was sprach also dagegen, zumindest einmal in den Hof zu treten? – Dort empfingen mich die Herren Dietrich und Sturm, und ich lernte auch bald deren Sekretärin, Frau Fetzner, kennen. – Jetzt ging alles ganz schnell. Ich wurde als Hilfsarbeiter für die Montage eingestellt, und wie es damals so üblich war, begann ich gleich am nächsten Tag mit der Arbeit.“ Somit der Beginn einer Bilderbuchkarriere.
Doch noch ein kleiner Blick weiter zurück:
Manfred Florus wurde am 4. Mai 1924 geboren. Nach einer landwirtschaftlichen Lehre bei Graf von Rechberg in der Nähe von Göppingen studierte er ab 1947 Landtechnik an der Landwirtschaftlichen Hochschule in Hohenheim. Dort sah der junge Student 1948 zum ersten Mal einen Unimog. Auch daran erinnerte er sich in Band 1 der „Geschichten rund um den Unimog“: „Von Liebe auf den ersten Blick konnte keine Rede sein.
Hätte mir damals jemand prophezeit, dass ich einmal mein ganzes Berufsleben diesem Fahrzeug widmen würde, hätte ich sicher laut gelacht.“ Das lag wohl auch daran, dass sich der Pflug bei der geplanten Vorführung verformte, weil er den Kräften des Unimog nicht standhalten konnte.“
Sein Kollege Roland Feix, der bereits den Unimog Nr. 23 mit montiert hatte, empfahl ihm, auch in die Erprobung zu wechseln. Und schon bei den ersten Feldversuchen gelang es Florus, mehreren Bauern einen Unimog zu verkaufen. Sein Talent wurde erkannt und er bekam den Auftrag, in Norddeutschland Vorführungen durchzuführen und Händler für den Unimog zu gewinnen. Ein Riesenerfolg!
„Vorführen, vorführen und nochmals vorführen“ war auch weiterhin die Aufgabe von Manfred Florus, als er 1951 mit dem Unimog und vielen Kollegen von Göppingen nach Gaggenau umzog. Es gelang ihm wieder, viele Großaufträge, vor allem im Ausland, an Land zu ziehen. 1959 wurde er daher Leiter der Verkaufsförderung und 1966 schließlich Leiter des Unimog-Exports. In dieser Aufgabe pflegte er sehr freundschaftliche Kontakte in alle Welt – auch über seine Pensionierung im Jahr 1989 hinaus. Weiterhin wurde er als Berater sehr geschätzt.
Besonders stolz war Florus auf eine Goldmedaille, die er anlässlich der Olympischen Spiele 1964 in Innsbruck erhielt, da in dem schneearmen Jahr viele Unimog und Mercedes-Lastwagen unter seiner Regie die Winterspiele mit ihren Schneetransporten retteten.
Manfred Florus und sein Sohn Christof Florus, damals Oberbürgermeister der Stadt Gaggenau, bei der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes an Stefan Schwaab (Mitte), Vorsitzender des Vereins Unimog-Museum, im Jahr 2012 – Manfred Florus and his son Christof Florus, then Lord Mayor of Gaggenau, at the presentation of the Federal Cross of Merit to Stefan Schwaab, Chairman of the Unimog Museum Association, in 2012 – Foto: Michael Wessel
Seiner Universität Hohenheim fühlte er sich stets verbunden. So war er von 1988 bis 2003 der 1. Vorsitzende des Fördervereins deren Deutschen Landwirtschaftsmuseums (DLM) und anschließend bis 2012 Vorsitzender des Kuratoriums. Manfred Florus erhielt 2004 die Gedenkmedaille der Max-Eyth-Gesellschaft „in Würdigung seiner erfolgreichen Aktivitäten zur Förderung des weltweiten Images des Unimog und in Anerkennung seiner außerordentlichen Verdienste um den Erhalt und die Weiterentwicklung des Deutschen Landwirtschaftsmuseums in Stuttgart-Hohenheim“.
Von seinen Erfahrungen mit dem Unimog und in der Leitung des Fördervereins DLM konnten wir im Unimog-Club Gaggenau von der Gründung 1993 an profitieren, denn er übernahm bis 2008 die Aufgabe des Zweiten Vorsitzenden. Vieles, was für andre Vorstandskollegen Neuland war, hatte er in Hohenheim schon erlebt und so konnte er diese Erfahrungen einbringen.
Für die im Unimog-Club Gaggenau entstandene Idee, ein Unimog-Museum zu verwirklichen, übernahm es dann Florus mit seinen Vorstandskollegen Hans-Jürgen Schöpfer und Edwin Westermann in einer Arbeitsgruppe mögliche Standorte zu ermittelten und diese zu bewerteten. Als dann aber Stefan Schwaab stattdessen einen relativ großen Neubau favorisierte, konnte sich Florus mit dieser neuen Idee nicht so recht anfreunden. Aber sein Erfahrungsschatz floss in der Folgezeit dennoch in die Konzeption des Unimog-Museums und in die Ausgestaltung vieler Sonderausstellungen ein. Er konnte eben aus einem reichen Erfahrungsschatz schöpfen und blieb daher selten eine Antwort schuldig. Schade, dass er die beispielhaft positive Entwicklung des Museums bis hin zur Erweiterung in 2023 nicht mehr miterleben konnte.
Manfred Florus war auch ein „Stehaufmännchen“: 2009 galt er kurzzeitig als klinisch tot, nachdem er auf dem Waldfriedhof Gaggenau einen Herzstillstand erlitten hatte. Aber auch zahlreiche Operationen am Knie, an der Hüfte und sogar an der Aorta hat er immer wieder überstanden.
Manfred Florus starb am 15. April 2018 im Alter von 93 Jahren. Er wäre jetzt 100 Jahre alt geworden. Er bleibt unvergessen.
Michael Wessel
Ehrenvorsitzender des Unimog Club Gaggenau e. V.
Zur Erinnerung noch einige Fotos
Manfred Florus 1950 im Fabrikhof von Gebrüder Boehringer in Göppingen mit einem Unimog 70200 mit Pflug. – Manfred Florus in 1950 in the factory yard of Gebrüder Boehringer in Göppingen with a Unimog 70200 with plough. Foto Daimler Truck
Manfred Florus schaut 1950 in das kleine Unimog-Büro bei Gebr. Boehringer in Göppingen mit der Sekretärin Margot Fetzner und dem Meister Hans Esenwein. – Manfred Florus looks into the small Unimog office at Gebr. Boehringer in Göppingen with secretary Margot Fetzner and foreman Hans Esenwein in 1950. Foto privat
Manfred Florus in einem Gaggenauer Unimog-Prospekt von 1951. – Manfred Florus in einem Gaggenauer Unimog-Prospekt von 1951
Manfred Florus um 1952 als “Feuerwehrmann” auf einem Werbefoto. – Manfred Florus around 1952 as a ‘fireman’ in an advertising photo
Manfred Florus als Vorführer mit Unimog 2010 und Mörtl-Mähwerker Anfang der 1950er Jahre – Manfred Florus as demonstrator with Unimog 2010 and Mörtl mower in the early 1950s. Foto Daimler Truck
Manfred Florus bei einer Vorführung in Island 1956 – Manfred Florus at a demonstration in Iceland in 1956. Foto Daimler Truck
Manfred Florus 2009 als Experte bei einer Fachtagung zum MB-trac im Unimog-Museum – Manfred Florus as an expert at a symposium on the MB-trac at the Unimog Museum in 2009. Foto Michael Wessel
Auch sie sind leider nicht mehr unter uns: Heinz Schnepf (links), langjähriges Vorstandsmitglied des Unimog-Club Gaggenau und Dr. Klaus Herrmann, langjähriger Leiter des Deutschen Landwirtschaftsmuseums Hohenheim anlässlich des 90. Geburtstags von Manfred Florus – Unfortunately, they are also no longer with us: Heinz Schnepf (left), long-time board member of the Unimog Club Gaggenau and Dr Klaus Herrmann, long-time director of the German Agricultural Museum in Hohenheim on the occasion of Manfred Florus’ 90th birthday. Foto Michael Wessel
Manfred Florus um 2015 beim Studieren eines Handbuchs aus dem Jahr 1955 mit vom Werk geprüften und freigegebenen Anbaugeräten für den Unimog. – Manfred Florus around 2015 studying a manual from 1955 with factory-tested and approved attachments for the Unimog. – Foto Michael Wessel